Enjoy Jazz 2010 // my playlist

ENJOY JAZZ // 2.10.10 - 19.11.10

Mannheim / Heidelberg / Ludwigshafen

Das Enjoy Jazz Festival hat in diesem Jahr wieder mal ein tolles LineUp.

Meine persönlichen Favoriten möchte ich an dieser Stelle vorstellen.

http://www.enjoyjazz.de/

Bibi Tanga & the Selenites

31.10.10 // Einlass 19 Uhr / Beginn 20 Uhr

BASF Gemeinschaftshaus

VVK 20€ zzgl. Geb. / AK 25€

Mancher Musik hört man die Biografie ihrer Macher an: Bei Bienvenue genannt „Bibi“ Tanga spürt man, dass da einer weit herumgekommen ist: Frankreich, Belgien, Deutschland, Russland und die USA waren die früheren Lebensstationen des Diplomatensohns, dessen Familie aus Zentralafrika stammt und sich irgendwann in Paris niedergelassen hat. Auch sein musikalisches System kennt dementsprechend kaum Grenzen. „Ich liebe Disco, Funk, Soul, Reggae und R'n'B“, hat Bibi Tanga einmal gesagt. „Das ist für mich alles wie eine riesengroße Bibliothek, aus der ich mich bedienen kann. All das ist wie ein Vermächtnis schwarzer Musik aus aller Welt – und ich bin dessen Erbe.“ Er hat es nicht ausgeschlagen, wie man auf seinem dritten Werk „Dunya“, das so viel wie „Existenz“ heißt, hören kann. Zusammen mit seiner eingespielten Band The Selenites und seinem Mitstreiter Le Professeur Inlassable, der einen Lehrstuhl für Soundbricolage inne hat, feiert er die Vermählung von afro-futuristischen Funkrhythmen mit swingendem Soul. Als „Botschafter des Funk“ bereist er nun wieder die Welt – und ist überall zu Hause.

FOOD / Nils Petter Molvaer

11.11.10 // Einlass 19 Uhr / Beginn 20 Uhr

Alte Feuerwache, Mannheim

VVK 23€ zzgl. Geb. / AK 28€

Mit ihrem sechsten Album „Quiet Inlet“ sind jetzt auch Food auf ECM gelandet – und verstärken dort die elektronische Fraktion um Arve Henriksen und Jon Hassell. Dass es mit Food etwas länger dauerte – die Alben 1 bis 5 erschienen auf „Feral Records“ und auf „Rune Grammophon“ –, verwundert etwas, schließlich klingen Food mit Ballamys lyrisch-getragenem Ton vor Strønens verschwenderisch ausgebreiteter Palette an perkussiven Interventionen genau so wie man sich ein ideales ECM-Album anno 2010 vom Sound her vorstellt: modern, aber auch zugänglich und nicht zu beat-orientiert (in Ballamys Spiel dürfen sich auch Jan Garbarek-Fans zuhause fühlen). Zu Beginn ihrer Karriere waren Food ja einmal ein Quartett mit Mats Eilertsen am Bass und Arve Henriksen an der Trompete. Vielleicht klingen die Stücke, an denen heute Nils Petter Molvær mitwirkt, deshalb vertrauter nach den alten Food und überhaupt sehr in sich ruhend und viel von der Magie und den dynamischen Möglichkeiten des Live-Samplings einfangend. Der ästhetischen Varianz von Food scheinen aktuell kaum Grenzen gesetzt: Manche Tracks entwickeln einen ganz erstaunlichen Drive, andere erscheinen fast als eine sakrale Erforschung der Stille.

Crispell, Dizzner, Gramss

14.11.10 // Einlass 19 Uhr / Beginn 20 Uhr

Alte Feuerwache, Mannheim

VVK 13€ zzgl. Geb. / AK 16€

Im vergangenen Jahr präsentierte der umtriebige Schlagzeuger Erwin Ditzner im Rahmen von Enjoy Jazz sein aktuelles Duo-Projekt mit Lömsch Lehmann, ergänzt und erweitert um Jo Bartmes an der Hammond. In diesem Jahr hat sich Ditzner wieder etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Gemeinsam mit seinem alten und nicht minder umtriebigen Fahrensmann Sebastian Gramss, den man nicht nur als Bassisten, sondern auch als Arrangeur und Mitbegründer der grandios spielwütigen Band Underkarl zu rühmen niemals müde wird, fragte er die Grande Dame der frei improvisierenden Piano-Avantgarde an. Erstaunlich schnell traf aus dem beschaulichen Woodstock (USA) eine ebenso erstaunlich enthusiastische Antwort ein: Marilyn Crispell, deren unverwechselbarer Lyrizismus von Anthony Braxton einmal entschieden in die Nähe Cecil Taylors gerückt worden ist, lässt sich auf das Wagnis dieses ganz besonderen Abends ein. Anthony Braxton, Erwin Ditzner, Underkarl – an diesem Abend schließen sich allerlei Kreise der über die Jahre konsequent und aufmerksam verfolgten Programmpolitik des Festivals. Nicht zuletzt auch noch zum spektakulären ECM-Programmschwerpunkt von 2009, weil Marilyn Crispell zusammen mit David Rothenberg eines der herausragenden Alben des Jahres vorgelegt hat: „One Dark Night I Left My Silent House“, erschienen bei ECM.

Herbie Hancock

18.11.10 // Einlass 19 Uhr / Beginn 20 Uhr

Stadthalle, Heidelberg

VVK 59/52/36/29/23/18€ zzg. Geb.

AK 66/59/41/33/26/22€

Wer rastet, der rostet! Im April 2010 beging Herbie Hancock seinen 70. Geburtstag. „So what?“ wird er sagen und weiterhin ambitionierte Projekte schmieden. Künstlerische Anerkennung und kommerzieller Erfolg gingen bei Hancock seit „Watermelon Man“ (1960) spielerisch Hand in Hand: an der Seite von Miles Davis, mit eigenen Fusion-Bands und Hip-Hop-Experimenten wie „Rockit“. Zuletzt hat Hancock Albumveröffentlichungen und die Live-Präsenz radikal entkoppelt. Ambitionierte Alben wie „Possibilities“ oder „River: The Joni Letters“ stehen für sich, während Hancock live junge Talente präsentiert und aus dem Fundus seiner reichen Vergangenheit schöpft. Die Aufnahmen zu „The Imagine Project“ - seiner optimistischen Vision von Globalisierung - versammelten in Studios auf vier Kontinenten mehr als ein Dutzend Superstars unterschiedlicher Kulturkreise, von Chaka Khan über The Chieftains bis hin zu Oumou Sangare. Natürlich lässt sich solch ein logistischer Kraftakt live nicht reproduzieren, aber genau darin steckt der Reiz für einen Freigeist wie Herbie Hancock. Ihm ging es um eine Geste der Offenheit, der Toleranz und der Neugier. „Ich bin im Jazz verwurzelt, aber im selben Maße fühle ich mich im Pop, R&B, Folk oder im Hip-Hop zu Hause“, erklärte er im Interview.